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Mensch Mensch - Rezension eines Gesprächs

Aktualisiert: 21. März 2021

Interview Gunnar Kaiser und Matthias Burchardt (Bildungsphilosoph) (Kaiser TV, 11.11.2020)


Nach der Historikerin Barbara Duden, gibt es einen Unterschied zwischen Risiko und Gefahr. Das Risiko ist eine statistische Rechengröße und die Gefahr bekundet sich in der Wirklichkeit. Untermauerung seitens Burchardt : "Der Homo Hygienicus sieht keine Gefahr, aber er totalisiert das Riskio." Das bedeutet nach meiner Sicht, dass das eine real ist und man schnell Entscheidungen treffen muss (Gefahrreiz) und das andere ein Modell ist, was sich in der Realität nicht dergestalt abbildet, sondern nur als eine von mehreren Parametern als Grundlage von Entscheidungen herangezogen werden sollte. Beim Homo Hygienicus wird das Erleben, das Sein und das Verhalten transformiert, entimmunisiert und versichert. Transformiert durch die Versicherung des Schutzes des eigenen Lebens , durch das Verhindern von Lebenserfahrungen, die Unsicherheit und Tod bedeuten würden. Dies sind die Eintrittskarten in den schleichenden Prozess der eigene Entimmunisierung und die der Gesellschaft ...


Zum Beginn ihres Gesprächs schenkt Matthias Burchardt, Gunnar Kaiser einen einzelnen Konfetto . Es ist das Sinnbild des Homo Hygienicus. Der Focus des Homo Hygienicus liegt nicht mehr auf Selbstoptimierung, wie bei seinem Vorgänger dem Homo Oeconomicus, sondern auf Sterilität, der Vermeidung von Kontakt mit Viren und Bakterien letzendlich die Vermeidung von Kontakt zum lebendigen Anderen ...


Wie sieht der Mensch sich und seine Welt ? Der Homo Religioses als Objekt in die Geschichte geworfen, mit dem Etwas geschiecht, sein Heil findend im Glauben an das Übernatürliche oder der Homo Ludens, der spielende und schöpferische Mensch oder ist der Mensch ein Homo Oecomomicus, der sein Leben wie ein Unternehmen führt, ein Selbstoptimierer den Fokus auf wirtschaftlicher Zweckmässigkeit gerichtet?

Nach Burchardt sind wir beim Homo Hygienicus angelangt.


Der Konfetto wird seiner Freude, seiner Freunde und seines Sinnes beraubt, weil er in der sozialen Distanz zu seinen Mitkonfetti geht. Der Karneval, der nach Burchardt wie er schön bemerkt, das genaue Gegenteil von Corona ist, wird abgesagt. Das Miteinander Sein mit verschiedenen, auch fremden Menschen wird abgesagt. Es ist zu gefährlich. Burchardt schafft es mit wunderbaren Methapern in mein Herz. Er redet von Digitalisierung als Prothese des gemeinsamen Zugangs zueinander, er entschlüsselt den Begriff Symobl, welches aus der Antike die Autorisierung einer Nachricht bekundet(auch der Mensch ein Zeichen, ein Symbol, für den anderen, geöffnet, angewiesen auf den Bezug des anderen). Er wirbt um Mitmenschlichkeit mit hohem Intellekt und mit viel Herz. Er stellt sich weder auf die eine, noch auf die andere Seite. Er erzählt vom Umbruch, von der Transformation und von der "Pflicht zur Achtsamkeit" im politische Raum. Meiner Meinung nach, ist dieser politische Raum eine Wunde, benötigt er Schorff und Heilung ? Wird er bewohnt von allen Menschen und von vielseitigen Ansichten ?


Kaiser, der sich sehr umfasssend mit der Frage beschäftigt hat, wie es so weit kommen konnte (was heisst wie und was heisst weit?)... findet selber eine Antwort: Die Menschen erkennen einen Sinn hinter all dem, was geschieht, sie finden einen Weg mit den Unsicherheiten umzugehen. Sie setzen sich mittlerweile medizinische Masken im Alltag auf und suchen sich in der Unkontrollierbarkeit des Lebens einen Weg hindurch. Sie werden konsistent bestärkt, weil sie handeln können und nicht einfach nichts machen. Kaiser rekurriert auf den niederländischen Soziologen Anton Seiderfeld: "Menschen mit einem Sinnkonstrukt erleben sich selber nicht als unfrei." Wir können nicht von unserer Wahrnehmung auf die Wahrnehmung der anderen schliessen, wenn diese sich nicht eingesperrt fühlen. Reziprozität. Die Überzeugungen sollten auf dem Wege des Arguments erfolgen und nicht über den Weg des Manipulierens, doch wie merken wir überhaupt, dass wir manipuliert werden oder gar selbst manipulieren? Können wir das überhaupt erkennen? Hannah Arendt redet von Macht als das: "...einvernehmliche Handeln von vielen." Dieses gemeinsame Handeln kann von der Bevölkerung ausgehen, wenn sie einen gemeinsamen Sinn generieren. Der Homo Hygienicus ist kein Viele. Es ist ein Einzelner. Gut behütet angebunden an der Netzflix,-Smartphone Nabelschnur. Das Gemeinsame mit der Maschine erleben, hat eine ausstrahlende Sicherheit und ist sehr attraktiv. Händelbar, kontrollierbar, vertretbar.


Burchardt inijziert, 4 Aspekte die Kraftquellen (Baldo) inne wohnen. Beispiele wären : Wie wir in der Welt getragen sind, nicht als eine intellektuelle Erfahrung, sondern als eine sinnliche. Eine Begegnung mit der Welt und wie ich mich in ihr fühle. Ein weiterer Aspekt ist das Antlitz des anderen, welches uns nach dem Soziologen Levinas, auch davon abhält den anderen zu töten- Bestehtaktuell eine Gefahr im pädagogischen Raum ? Kommt es heutzutage zur symbolischen Vernichtung des anderen? Kommt es zum Ende der Responsivität, ich lächle aber Du siehst es nicht, du lächelst aber ich seh es nicht mehr... Muss es zwangsläufig zur Verstümmelung der Empathie kommen... Ein weiterer Aspekt ist die fröhliche Stimmung. Man wird mitgerissen, man wird angeregt -es muss nicht selbst zustande gebracht werden, es ist ein Seinsgeschehen und es wird miteinander geformt. Eine Gewogenheit, die im Fest spürbar wird. Ein Seinserlebnis. Ersetzen wir dies durch Fernsehen? "Anthrophologische Amputation" nennt es Burchardt, der Homo Hygienicus als Verstümmelter nicht als ganzheitlicher Mensch, was macht uns aus und was ist unsere Veranwtortung? Verletzung des Gerechtigkeitsgefühls lässt einen politisches Engagment spüren, zitiert Burchardt Hannah Arendt. Viele Menschen begehen in diesem Meinungsstreit ein Opfer. Im politischen Raum ist es gewollt, im gesellschaftlichen Raum nicht, noch nicht?


Lasst uns zusammen mehr Fragen stellen und uns einander die Hand reichen einen Weg finden, wie wir uns berühren, das Entdecken wollen und das Erleben des Wertes der Verletzlichkeit und der Wert und das Gewicht des Eintretenden Endes. Es steckt alles in uns, auch die Angst des anderen oder die Verbortheit der wenigen oder der Faschismus der Großeltern oder der Antifaschismus der Minderheit oder der Machtwille des Narzissten oder die Spiritualität der Nachbarin... oder?


Hier der Link zum Interview auf Kasier TV !



Matthias Burchardt über den Homo Hygienicus !










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