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zur alten flussbadeanstalt

Aktualisiert: 15. Feb. 2021

prolog


regentropfen verirrten sich auf seinen kopf, sammelten sich und liefen seine schläfen herunter. er war aber in seinen gedanken zu weit verloren, um es zu bemerken. vermeintlich starrend auf einen punkt am boden, spielte sich ein und dieselbe szene, immer und immer wieder vor seinem geistigen auge, ab.

vermutlich in der hoffnung, dass es möglich wäre, die zeit zurückdrehen, eingreifen und das, was passiert war, verhindern zu können. in diesem momemt verabscheute er das wissen um den konjunktiv, der suggerierte, ein anderes verhalten hätte zu einem anderen ausgang geführt. letztendlich, in seinem fall, aber nur ein grammatikalisches werkzeug für seine selbstzerfleischung war.

der regen wurde stärker. aus dem gemächlich fallenden kleineren wurden zusehens hochfrequentere und größere tropfen. außerdem gesellte sich ein leichter wind hinzu, der stetig forscher und ungemütlicher wurde und nach einiger zeit soviel kraft hatte, ihm den regen ins gesicht zu peitschen.

das holte ihn aus seiner gedankenschleife heraus.

er schaute auf.


alles hatte angefangen mit einem traum.

wie zerfetztes papier lagen die gefühle vor ihm und es gab keine möglichkeit sie wieder zusammenzusetzen. vereinzelt lagen sie verstreut auf dem fussboden und alles was ihm einfiel, war auf ihnen herumzutrampeln, damit sie keine chance mehr hatten, sich aufzubäumen, um ihn erneut einzunehmen.

die aufkommende leere...


Kapitel 1


"Hör mir genau zu! Das ist sehr wichtig, dass du das verstehst, was ich sage."

"Aber ich habe es doch schon zig Mal wiederholt..." Kane rollte mit den Augen, sie wusste nicht, warum ihr Vater sie dermaßen bearbeitete. Dann zwinkerte sie ihrem, neben ihr stehenden kleinen Bruder zu, der daraufhin dasselbe versuchte, was aber in einer Grimasse mündete. Hätte Kane geahnt, dass es die letzten Sätze ihres Vaters waren, die sie von ihm hören würde, wahrscheinlich hätte sie gebannt an seinen Lippen geklebt, um sich jedes Wort, mit genau der Intensität seiner Stimme, seinem Tonfall und seinem besorgten Gesichtsausdruck, einzuprägen. Aber später als Kane versuchte, sich an diesem Moment zu erinnern, blieben seine Worte und sein Gesicht grau, wie hinter einem Schleier und je angestrengter sie es probierte, sich dahin zurück zu versetzen, desto stärker wurde der Nebel, der sich um diese Szene schlang. Nicht bedrohlich, eher liebevoll wie eine Umarmung, was letztendlich viel grauenvoller war. Allerdings deutlich und klar, sah sie die Grimasse ihres Bruders in der Erinnerung aufleuchten.


Ihr Vater drückte ihr etwas in die Hand, aus dem Seitenfenster reichend, sah Kane und ihren Bruder noch einmal an und drehte dann den Zündschlüssel. Der Motor heulte auf, was Kane zum Lachen brachte. Er lächelte zurück, schaute nach vorn und fuhr los. Sie winkten ihm hinterher.

Keine 5 Sekunden später ertönte ein furchtbarer Knall, aufkommend mit einem ungeheuerlichen Schreck, der den Kindern durch Mark und Bein fuhr. Das Auto stand in Flammen. Kane rannte hin und schrie nach ihrem Vater. Ihr Bruder stand wie festgefroren. Ihr Vater war durch die Explosion mit dem Kopf gegen das Lenkrad geprallt und augenblicklich ohnmächtig geworden. Kane versuchte die Tür des Autos zu öffnen, aber die Flammen waren erbarmungslos heiß und scherten sich nicht um die Tränen und Verzweiflung eines Mädchens.


Kapitel 2


"Sie stehen beide unter Schock. Sie jetzt einer Befragung zu unterziehen ist gelinde gesagt, unemphatisch," Dr. Tyretz versuchte die aufkeimende Wut zu unterdrücken, die sie dem Polizisten gegenüber empfand, als dieser ausdrücklich darum bat, mit den Kindern zu sprechen. "Aber die Erinnerung von Zeugen ist in den ersten Stunden nach einer Beobachtung am besten." versuchte sich der Polizist zu rechtfertigen. "Das hier sind keine gewöhnlichen Zeugen, die einen Diebstahl oder ähnlich harmloses beobachtet haben. Diese Kindern mussten mitansehen, wie ihr Vater in seinem Auto verbrennt. Das ist eine zutiefst traumatische Erfahrung. Alles was jetzt zählt, ist dass sie die Möglichkeit bekommen, diesen Schock zu verarbeiten."

"Hören Sie, ich kann ihre Bedenken verstehen, bezüglich der Kinder, aber wissen Sie überhaupt, wer da gerade ermordet worden ist? Es ist immens wichtig, möglichst schnell Informationen zu sammeln, um weitreichendere Tragödien zu verhindern."

Dr. Tyretz erfuhr erst viel später, was der Polizist mit diesen, für sie kryptischen Sätze, meinte.



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